Meet the furniture designer
Gustaf Westman


 Name: Gustaf Westman / Beruf: Möbeldesigner / Alter: 27 Jahre / Wohnort: Stockholm / Aktuell: Designer des Möbelkonzepts für Gina Lab / Social Media: @gustafwestman

Wir treffen uns auf Zoom - ich sitze in meinem einfachen Göteborger Homeoffice, Gustaf vor einer bewusst gestalteten Posterwand in seinem Wohnzimmer in Stockholm. Schon nach wenigen Minuten überträgt sich Gustafs Freundlichkeit und sein vertrauter Boråser Dialekt, und das Eis ist gebrochen. Gustaf ist in Dalsjöfors aufgewachsen, ganz in der Nähe von Gina Tricots Hauptsitz Borås. Das Aufwachsen in dieser ruhigen, abgeschiedenen Gegend kommentiert er mit einer Bescheidenheit, die das gesamte Interview prägt. Gustaf Westman gilt als Shootingstar am Designerhimmel, der uns alle davon träumen lässt, wie wir unsere vier Wände am besten mit weichen Formen und Bonbonfarben umgestalten. Seine Blitzkarriere ist dem jungen Kreativen jedoch keineswegs zu Kopf gestiegen: Gustaf ist unverstellt und ehrlich, als er über seinen persönlichen Weg und die Zusammenarbeit mit Gina Tricot erzählt und darüber, wie es zu dem neuen Möbelkonzept für das Innovationsprogramm Gina Lab kam.

„Ich hatte in Göteborg Architektur studiert und brauchte nach ein paar Jahren eine Pause. Weil ich mein Portfolio um eigene Projekte erweitern wollte, habe dann ein Praktikum in einem Architekturbüro gemacht. Dabei kam ich in Kontakt mit Daniel Redgert, dessen PR-Büro ich mitgestalten durfte. Es folgten weitere Projekte, in deren Verlauf ich merkte, dass mir Möbel am meisten Spaß machen. Vor etwa einem Jahr fing ich mit dem Entwerfen eigener Möbel an und stellte fest: Genau das ist mein Ding. Ich fand meinen eigenen Stil und kreiste zunächst alles ein, was mich inspiriert. Dann fing ich an mit Entwürfen und dem Bau kleiner Modelle, aus denen schließlich ganze Möbel wurden. Heute betreibe ich zusammen mit meinem Team das Designstudio Gustaf Westman Objects in Stockholm, wo ich auch Möbel auf Bestellung entwerfe.“

 Hast du dich schon immer für Einrichtung und Möbeldesign interessiert?
„Das Interesse hatte ich schon immer, neben meinem Interesse fürs Malen, Kreativsein und Entwerfen. Ich bin fast nie ohne Skizzenblock anzutreffen, und so war es schon immer. Es gibt nur wenige Kinderfotos von mir, auf denen ich nicht mit Zeichenstiften zugange bin. Ich stellte mir immer vor ich wäre Möbeldesigner - und genau das Gleiche mache ich heute auch, nur in Wirklichkeit. Ich lebe meinen Traum, auch wenn ich es selbst noch gar nicht so verinnerlicht habe. Für mich gibt es nichts Besseres, als mich komplett von der Außenwelt abzuschirmen und in aller Ruhe Skizzen anzufertigen.“

2020 war eindeutig dein Jahr. Wie kommt es, dass deine Möbel so schnell so erfolgreich wurden?
„Ich glaube, es ist mir gelungen Dinge zu entwerfen, die die Menschen als schön empfinden. Dabei gehe ich nach meinem persönlichen Stil und richte mich nicht nach irgendwelchen Normen. Ich entwerfe Dinge, die ich selbst mag, die zeitgemäß sind und den aktuellen Zeitgeist einfangen. Die Pandemie hat Auswirkungen auf alle Designer, aber sie hat auch Grenzen aufgehoben: Wir kleineren Designer können in den Sozialen Medien ebenso präsent und interessant sein wie die größeren Player. Wenn es dir gelingt im Feed aufzufallen, werden viele Leute auf dich und deine Arbeiten aufmerksam. Ich glaube, meine Entwürfe mit ihren weichen Formen und Farben sind sehr eingängig - man versteht innerhalb einer Sekunde, um was für ein Möbel es sich handelt. Etwa so viel Zeit hast du auf Instagram, die Aufmerksamkeit deiner Follower zu wecken. Meine Möbel unterscheiden sich von den erdigen Tönen und dem vielen Beige und ich bin überzeugt, dass viele Leute froh sind endlich mal etwas Neues zu sehen, das die Sinne anregt.“

Wie würdest du deinen Designstil mit drei Worten beschreiben?
„Inkludierend, farbenfroh und regelfrei. Wenn ich noch einen vierten Begriff sagen darf, dann verspielt.“

Welches Gefühl willst du mit deinem Design vermitteln?
„Meine Möbel sollen Freude vermitteln und sich gern etwas von der übrigen Einrichtung abheben, was wiederum Harmonie erzeugt. Das Gefühl, nach Hause zu kommen und meinen Möbeln zu begegnen, soll locker, spaßbetont und angenehm sein. Mein Design soll für jedermann zugänglich sein - ganz gleich, ob man die Möbel kauft oder sie in Sozialen Medien sieht und sich inspiriert fühlt. Ich mag die Connection zu den Leuten und meinen Followern. Zu den Menschen, die meine Möbel schätzen und kaufen, gehören trendbewusste junge Frauen, die sie auf Instagram entdeckt haben, ebenso wie Designfans aus Los Angeles.“
    
Im Rahmen des neuen Innovationsprogramms Gina Lab, das auf nachhaltige und zirkuläre Mode abzielt, hat Gustaf ein interessantes und verspieltes Möbelkonzept entworfen, das die Farb- und Formgestaltung der Gina Lab-Abteilungen in ausgewählten Gina Tricot-Filialen bestimmt.

 Kannst du ein bisschen was über dein Möbelkonzept für Gina Lab erzählen?
„Ich hatte im Prinzip freie Hände, Möbel für die Gestaltung von Gina Lab in ausgewählten Stores zu entwerfen. Das war fast ein Gefühl der Unwirklichkeit, denn wer bekommt schon so eine Chance?! Dass ein großer, etablierter Modefilialist wie Gina Tricot einem jungen Designer wie mir zutraut, ein derartiges Konzept völlig frei zu gestalten, ist einfach nur cool. Diese Entscheidung ist sehr innovativ und würdigt gleichzeitig schwedisches Design und lokale Talente.“
Aus was für Möbeln besteht das Konzept und inwiefern hast du nachhaltiger und mehr zirkulär arbeitet?
„Das Möbelkonzept besteht aus einem Tisch, einem Regalsystem, einem Spiegel und upgecycelten Kleiderstangen und Kisten. Die Kleiderstangen von Gina haben neues Leben bekommen und sind jetzt mit Ton eingekleidet. Die Kisten bestehen aus Ton und alten Holzbrettern aus dem Haus meiner Eltern. Ein toller Mix aus alter Gina-Einrichtung und dem Haus, ich dem ich aufgewachsen bin. Es macht einen Riesenspaß, alten Dingen neues Leben zu schenken und bereits Vorhandenes wiederzuverwerten. Die Möbel werden in einem Schreinerbetrieb in Småland gefertigt, das ist klassisches Möbelhandwerk in moderner Auslegung.“
Was war das Beste an der Zusammenarbeit?
„Als ich damals aufs Gymnasium ging, wurde auf der Straßenseite gegenüber das enorme Glasgebäude errichtet, in dem der Hauptsitz von Gina Tricot liegt. Der Architekt, Gert Wingårdh, ist einer der großen Idole meiner Kindheit, und die Entstehung dieses Gebäudes genau vor meinem Schulfenster war für einen jungen Mann mit Designerträumen geradezu magisch. Ich war fast stumm vor Bewunderung. Eines der absoluten Highlights dieser Zusammenarbeit war für mich, endlich das coole Gina-Haus betreten zu dürfen - das war wirklich fantastisch!“

Wie sind Nachhaltigkeit und zirkuläre Prinzipien in deiner täglichen kreativen Arbeit verankert?
„Ich liebe es, neue Materialien zu erkunden und habe u.a. Möbel aus Papier, recycelten Strümpfen und diverse upgecycelte Varianten gebaut, bei denen ich vorhandene Dinge und Materialien verarbeitet und in etwas Neues, Persönlicheres verwandelt habe. Umweltfreundliche Entscheidungen und lokale Produktion sind mir ein großes Anliegen. Vieles ist ganz natürlich für meine Generation, in der jeder umweltbewusst denkt und das richtige Mindset hat, um schöne Dinge unter guten Verhältnissen zu schaffen.“

Wann fühlt du dich am kreativsten?
„Ich habe viel überschüssige Energie und jogge gern - am liebsten im Wald und ohne Handy, das nur die Stille der Natur stören würde. Dabei finde ich Kreativität und wenn ich einen Schub habe, kann ich nächte- oder sogar eine ganze Woche lang mit Skizzen verbringen. Auch meine Freunde und die Familie sind sehr inspirierend. Die Pandemie führt leider zu sehr eingeschränkten sozialen Kontakten, aber zum Glück bin ich anpassungsfähig.“

Wie würdest du deinen persönlichen Möbel- und Kleidungsstil beschreiben?
„Mein Zuhause ist wie meine Möbel - ganz buchstäblich, denn ich habe meine Möbel bei mir Zuhause. Ich mixe mit Vorliebe Farben und Muster, aber auch Alt und Neu, und bin viel auf Flohmärkten und in Secondhandläden unterwegs. Ich habe mich schon immer sehr für Mode interessiert und alles was ich mir kaufe, ist sehr bewusst geplant, denn ich will sicher gehen, dass ich das Teil auch viel trage und lange behalte.“

Hinter dir liegt ein aufregendes Jahr, wie sehen deine weiteren Pläne für 2021 aus?
„Ich werde zusehen, dass ich mehr Lücken im Kalender und Zeit zum Nachdenken und Genießen habe. Das vergangene Jahr hat unglaublich viel Spaß gemacht, aber es war auch sehr intensiv. Jetzt muss ich erstmal ein bisschen langsamer treten und mich auf meine eigenen Projekte konzentrieren. Dann wird man sehen, was die Zukunft bringt. Ein aktuelles Vorhaben ist eine neue Wohnung hier in Stockholm, gern im Stadtteil Södermalm, die ich ganz nach meinen eigenen Vorstellungen einrichten kann.“

Abgesehen von der neuen Wohnung, wie sieht dein Traumprojekt aus?
„Einmal eine ganze Hoteleinrichtung zu entwerfen, gern ein tolles Boutique-Hotel. Warum nicht in Borås? Ein solches Projekt in meiner Heimatstadt zu verwirklichen, das wäre wirklich ein Traum!“

 Und zum Schluss die selbstverständliche Frage: dein bester Einrichtungstipp?
„Am besten mixt man ausgefallene Farben und Muster, die auf keinen Fall aufeinander abgestimmt sein sollen, und neue Elemente mit Fundstücken aus dem Secondhand-Laden. Die Hauptsache, es ist lustig und macht dich froh!“